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Bock for President
Die ehemalige Erzieherin Ute Bock ist durch ihren Einsatz für Flüchtlinge zu einer bekannten öffentlichen Figur geworden. Der Mensch dahinter bietet allerdings zahlreiche Überraschungen. Die Kino-Dokumentation "Bock for President" von Houchang und Tom-Dariusch Allahyari porträtiert diese ungewöhnliche Frau mit all ihren Widersprüchen. Der Film zeigt die Tragik der Flüchtlingsschicksale, aber auch den unschlagbaren Humor von Ute Bock.


Audio-Interview
Interview auf orange94.0 mit Tom-Dariusch Allahyari und Ute Bock
http://sendungsarchiv.o94.at/get.php?id=094pr3877

Presse und Texte zum Film


Bilder von der Premiere

Bei Standard.at [klick hier] oder hier [klick hier]

morgen1.jpg"Morgen"
Zeitung des besetzten Audimax.
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Ute Bock fürchtet nur Politiker

http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,321138

ooenbb.jpgOÖN-Filmnacht mit Ute Bock und Houchang und Tom-Dariusch Allahyari (Regie). Bild: herzenberger

Ein übervoller Kinosaal und reges Interesse erwarteten Ute Bock und die Regisseure Houchang und Tom-Dariusch Allahyari bei der OÖN-Filmnacht am Mittwoch im Linzer Moviemento-Kino, zur Österreichpremiere ihres Porträts „Bock for President“.

Es ist neun Uhr Abend, als Ute Bock, die Grande Dame der Flüchtlingshilfe, nach dem Film bereitwillig die Fragen von OÖN-Kulturredakteur Lukas Luger und dem sichtlich betroffenen Premierenpublikum beantwortet. Für Ute Bock, deren Arbeitstag selten vor zwei Uhr nachts endet, ist der Abend noch jung. „Schriftliche Sachen mache ich in der Nacht“, erklärt die 67-Jährige.

Wie sie zur Idee des Films stand? „Sie hatte nicht einmal Zeit, nein zu sagen“, kommt Regisseur und Psychiater Houchang Allahyari zuvor. Das Kamerateam war schon da. Aber auch Ute Bocks Vertrauen. Immerhin kennen beide einander seit Jahrzehnten und arbeiten eng zusammen: Als Psychiater betreut Allahyari vor allem „Privatpatienten ohne Versicherung und Geld“. So gesehen sei Objektivität in seiner Dokumentation von jeher „eine Illusion“ gewesen. Aber: „Ich kann mir keine bessere Ikone vorstellen als Ute Bock“, so der Regisseur. Sie darauf: „Klappern gehört zum Handwerk.“

So humorvoll sich Ute Bock gibt, so ernst wird sie, wenn es um den Umgang mit Flüchtlingen geht: Worin sie diesbezüglich die größten Schwächen hierzulande sehe? „Die Politik und die Medien, die Ängste schüren. Warum?“ Das könne sie nicht begreifen.

Die Kunst des Keppelns


Ob sie Angst vor rechtsradikalen Jugendlichen hätte, fragte eine Besucherin. „Nein.“ Nicht nach 45 Jahren als ehemalige Heimleiterin. Da hat sie ihr Prinzip der Verteidigung gefunden, den Mut: „Wer einem was tun will, fürchtet sich selbst mindestens genauso. Macht man einen Schritt vor, macht der andere einen zurück.“

An eine gefährliche Situation mit einem Schützling erinnert sie sich gut. Geholt hat sie nicht die Polizei, sondern die Rettung. „Die hat dann allerdings die Polizei geholt.“
Und Briefbomben, vor denen sie das Innenministerium ausdrücklich gewarnt hat? „Jetzt muss man draufhauen“, habe sie zum Postboten gesagt, als dieser einen Packen Briefe auf den Schreibtisch legte.

Nur die Politiker, die fürchtet Ute Bock sehr wohl. Bei allen sei sie gewesen. „Am fürchterlichsten“ sei es bei einer Innenministerin gewesen, deren Respektlosigkeit sie bestürzt habe. „Aber ich hab’ immer gesagt: Wenn der Platter weg ist, wird es Plätter.“

Als ihr eine Besucherin ihre Bewunderung für die Kunst des respektvollen Keppelns im Film ausspricht, entgegnet sie, erschrocken: „Ich habe erst jetzt gesehen, wie furchtbar das ist.“ Vielleicht sei es das Alter? „Solange ich Ute kenne, war sie immer so“, zerstörte Allahyari diese Hoffnung.
Jene auf das Gute im Menschen kann ihr keiner nehmen: „Ich hoffe, dass es einen lieben Gott gibt, gesehen hab’ ich ihn noch nicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Mensch nur eine schlechte chemische Verbindung ist.“ Sie selbst ist wohl der beste Beweis dafür.





„So arg wie jetzt war es nie“

14. Jänner 2010 | 17:12 | MAGDALENA MIEDL Bock for President. Dokumentation. Österreich 2009. Regie: Houchang und Tom-Dariusch Allahyari. Start: 15. 1.
Interview. Die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin Ute Bock ist die Heldin eines Dokumentarfilms, der heute, Freitag, ins Kino kommt.

MAGDALENA MIEDL
Auch wenn es ihr eigentlich zuwider ist: Durch ihren selbstlosen Einsatz für Flüchtlinge ist die ehemalige Erzieherin Ute Bock (68) zu einer öffentlichen Person geworden. Sie versorgt in Wien ehrenamtlich und ganz ohne öffentliche Mittel hunderte Asylwerber, die keine andere Anlaufstelle haben, und verwendet darauf ihre gesamte Zeit. Der Iranisch-stämmige Filmemacher Houchang Allahyari und sein Sohn Tom-Dariusch haben ein Porträt der Frau mit dem rauen Charme gedreht.

SN: Der Streit um ein geplantes Asyl-Erstaufnahmezentrum in Eberau ist in vollem Gange. Warum sind Flüchtlinge in den Medien ständiges Negativ-Thema?
Bock: Das frag ich Sie auch. Was ist los mit den Österreichern? Ich versteh ja die Leute in Eberau, dass die kein so großes Lager wollen. Wenn da dreihundert Flüchtlinge in einem Dorf sind, das aus gerade drei, vier Häusern besteht, ist doch jedem klar, das geht sich nicht aus. Aber wie mit den Leuten umgegangen wird, das ist ganz grauslich. Bei mir im Büro sitzt ein blinder Afrikaner, den sie nach Afrika abschieben wollen. Jeder Mensch weiß, dass der dort die Lebenserwartung eines Maikäfers hat. Wurscht, wird abgeschoben. Jetzt schläft er eben bei mir im Büro auf einer Matratze, können Sie sich das vorstellen?

SN: Sie reden mit Ihren Schützlingen manchmal wie mit renitenten Teenagern. Kommt das aus Ihrer Zeit als Heimleiterin?
Bock: Ja, das hab ich mir dort so angewöhnt, und die sind halt so. Wenn ich einen Tag nicht da bin, wird draußen gerauft, weil bei den Leuten, die zu uns kommen, die Nerven blank liegen, die halten nichts mehr aus. Ich hab 45 Jahre Erfahrung damit: Ich mach die Tür auf, und es ist eine Ruh.

SN: Die Zuwanderer kommen aus den verschiedensten Regionen, und das führt etwa in Traiskirchen immer wieder zu Konflikten. Wie vermeiden Sie Zusammenstöße?
Bock: Ich mache eines nicht, was in Traiskirchen gemacht wird, und zwar, dass ich alle miteinander mische. Wir nutzen etwa ein Haus mit 23 Wohnungen, da wohnen Afrikaner in einer Wohnung, Tschetschenen in einer anderen, Armenier in einer dritten. Auch die Afrikaner sind nicht alle zusammen, Moslems aus Gambia setze ich nicht in die Wohnung mit den Christen aus Nigeria. Die kann man nicht zusammenmischen, die gehen sich ja sonst gegenseitig auf die Nerven.

SN: Sie tun das eigentlich Naheliegende: Wenn jemand Hilfe braucht, dann hilf ihm.
Bock: Ja, eigentlich. Ich weiß am Anfang nicht einmal, aus welchem Land einer kommt, das ist völlig egal. Ich hab auch Österreicher hier angemeldet. Wenn ich wo helfen kann, dann helf ich gern. Aber dass so etwas einmal notwendig sein wird, hab ich mir nie gedacht.

SN:
Im Film sagen Sie, dass die soziale Lage schlechter ist als vor 20 Jahren. Was war früher anders?
Bock: Ich hab im Jugendheim damals den ganzen Ausbund von Wien gehabt, die Kinder, die nicht daheim wohnen konnten, weil der Vater gesoffen hat. Fürchterliche Dinge haben die erlebt. Aber jeder hat versucht zu helfen. Wenn heute ein Bursch ein Problem hat, heißt es: „Was, in zwei Monaten wird er 18? Na, da geht er uns nix mehr an!“ Früher hat man gesagt: „Der ist noch nicht ganz 18, da können wir vielleicht noch was tun für ihn, bevor es ganz aus ist.“ Das ist der Unterschied. So arg wie’s jetzt ist war es nie. Ich glaube immer, ich muss noch das Ruder herumreißen, bevor ich endgültig in ein Gitterbett am Steinhof komme. Ich hab die Zeit erlebt, wo überall Verbesserungen waren, sozial ist es aufwärts gegangen. Aber das ist alles wieder abgeschafft worden. Es ist nicht gut, was da passiert.

Bock for President. Dokumentation. Österreich 2009. Regie: Houchang und Tom-Dariusch Allahyari. Start: 15. 1.
Information: www.fraubock.at, www.bockforpresident.at

© SN/SW








Mit ihrer Dokumentation "Bock for President" widmen die Regisseure Houchang und Tom-Dariusch Allahyari der Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock und deren Arbeit ein launiges Filmporträt

WIEN - MANCHMAL ERSCHEINT IM LICHTE DER VERORDNETEN VERHÄLTNISSE DAS NÄCHSTLIEGENDE GANZ UNVERNÜNFTIG: "NOCH EINMAL SO BLÖD SEIN" WÜRDE FRAU BOCK NACH EIGENEN ANGABEN WAHRSCHEINLICH UND WIEDER ALS PRIVATPERSON FUNKTIONEN ÜBERNEHMEN, FÜR DIE SICH STAATLICHE EINRICHTUNGEN NICHT MEHR ZUSTÄNDIG FÜHLEN.

SEIT 2002 BETREUT UTE BOCK, EHEMALS LEITERIN DES STÄDTISCHEN GESELLENHEIMS ZOHMANNGASSE IN FAVORITEN, FLÜCHTLINGE, ASYLWERBERINNEN UND -WERBER MIT DEM VEREIN, DER IHREN NAMEN TRÄGT. RUND 200 PERSONEN BIETET SIE IN WOHNUNGEN UNTERKUNFT. SIE UND IHR TEAM VERMITTELN BEI ÄMTERN UND BEHÖRDEN UND BIETEN VIELFÄLTIGE HILFE AN. ÜBER DEN ZEITRAUM VON ZWEI JAHREN WAREN BEI DIESER ARBEIT AUCH IMMER WIEDER KAMERAS ZUGEGEN. DEN DOKUMENTARFILM, DER SO NACH UND NACH ENTSTANDEN IST, KANN MAN JETZT IM KINO SEHEN.

"BOCK FOR PRESIDENT" VON HOUCHANG UND TOM-DARIUSCH ALLAHYARI MACHT SCHON MIT SEINEM TITEL UNMISSVERSTÄNDLICH KLAR, WIE ER ZUR PROTAGONISTIN UND IHRER ARBEIT STEHT. DAS PORTRÄT DER UNERMÜDLICHEN AKTIVISTIN IST VON GROßER NÄHE GEPRÄGT, DIE WIEDERUM VON GETEILTEM ENGAGEMENT UND FAMILIÄREN BEZIEHUNGEN HERRÜHRT. DIE FILMEMACHER, EX-SCHWAGER UND NEFFE VON UTE BOCK, HABEN DIESE SCHON IN ANDERER FORM TATKRÄFTIG UNTERSTÜTZT, BEVOR SIE IHREN EINSATZ FÜR DIE GERECHTE SACHE NUN UM EINEN FILM ERWEITERTEN.

DIESE KONSTELLATION ERLAUBT ES, DIE FRAU, DIE EIGENTLICH KEIN PRIVATLEBEN HAT UND IN EINEM KLEINEN ZIMMER ÜBER IHRER ARBEITSSTÄTTE SCHLÄFT, BEI RAREN AUSFLÜGEN IN IHRE VERGANGENHEIT ZU BEGLEITEN - UND SO ZU ERFAHREN, WESHALB SIE "IN DER ERZIEHEREI GELANDET" IST - SOWIE IHR BEI BEGEGNUNGEN, BERATUNGEN, KONFRONTATIONEN ÜBER DIE SCHULTER ZU SCHAUEN.

KEIN PLATZ FÜR SOZIALROMANTIK

DABEI WIRD MAN FORTWÄHREND DARAN ERINNERT, DASS SOZIALROMANTIK HIER WIRKLICH KEINE ROLLE SPIELT: OBWOHL GEBÜRTIGE OBERÖSTERREICHERIN, IST FRAU BOCK NÄMLICH AUCH - UND DAS IST EINE SICHER NICHT UNWESENTLICHE QUALITÄT BEIM HUMANITÄREN EINSATZ MITTEN UNTER WIENERN - MIT DEM RAUEN CHARME UND DER VERBALEN TREFFSICHERHEIT DER ORTSANSÄSSIGEN GESEGNET. DAS BEKOMMEN DIE UNVERBESSERLICHEN UNTER IHREN SCHÜTZLINGEN DANN EBENSO ZU SPÜREN WIE DIE ANONYMEN RAUNZER UND STÄNKERER AUF DER GASSE.

ABGESEHEN VON DIESER PROFILIERUNG SEINER TITELHELDIN AUS BEOBACHTUNGEN UND FRAGMENTARISCHEN INTERVIEWPASSAGEN (ES GIBT SCHLIEßLICH WICHTIGERES ZU TUN, ALS IN EINE KAMERA ZU REDEN), KOMMEN IM FILM JENE MENSCHEN IN DEN BLICK UND ZU WORT, DEREN GESCHICHTE, GESCHICKE UND PREKÄRE GEGENWART UTE BOCKS UNTERSTÜTZUNG FORDERN.

ZU SILVESTER, WENN ES DRAUßEN BLITZT UND KRACHT, SAGT FRAU BOCK ENTSCHULDIGEND ZU IHRER KLEINEN KATZE: "DER MENSCH IST BLÖD." GUT WÄRE ES, WÜRDE DIESE BLÖDHEIT IMMER SO VERNÜNFTIGE NEBENWIRKUNGEN ZEITIGEN WIE IM FALLE VON FRAU BOCK.
(ISABELLA REICHER/ DER STANDARD, PRINT-AUSGABE, 14.1.2010)






"Das ist nicht gut, sondern normal"

von Maria Sterkl | 13. Jänner 2010, 20:06

Sie würden Ute Bock (mi.) zur Präsidentin wählen: Filmemacher Houchang (li.) und Tom-Dariusch (re.) Allahyari

"Bock for President" zeigt die resolute Flüchtlingshelferin Ute Bock aus nächster Nähe - Filmemacher und Bock im Interview übers Berühmtsein, Maria Fekter und den "Gutmenschen"
Der Film "Bock for President" begleitet die Flüchtlingshelferin Ute Bock bei ihrer täglichen Arbeit. Neben Flüchtlingsschicksalen kommt dabei immer wieder der grantelnde Witz der 67-jährigen Wienerin durch. Im Gespräch mit Maria Sterkl erzählen die Filmemacher Houchang und Tom-Dariusch Allahyari sowie Ute Bock selbst, wie es ihnen dabei ergangen ist.

DERSTANDARD.AT: FRAU BOCK, MUSSTEN SIE LANGE ÜBERLEGEN, OB SIE BEI DEM FILM MITMACHEN?

UTE BOCK: SIE HABEN MICH GAR NICHT ÜBERLEGEN LASSEN (LACHT). ABER NATÜRLICH IST ES AUCH UNANGENEHM, DASS EINEN JETZT JEDER DACKEL KENNT. DIE GEHEN AUF DER STRAßE UND SCHAUEN MICH SO AN. DANN ÜBERLEG' ICH: MUSS ICH DIE KENNEN ODER NICHT? DAS IST SCHON UNANGENEHM.

TOM-DARIUSCH ALLAHYARI: DIE UTE IST KEIN MENSCH, DER SICH GERN IN DEN VORDERGRUND DRÄNGT. ABER ÖFFENTLICHKEITSARBEIT GEHÖRT NUN EINMAL DAZU. DA DER STAAT DIESE VERANTWORTUNG NICHT ÜBERNEHMEN WILL, IST SIE AUF SPENDEN ANGEWIESEN. UND DAFÜR MUSS MAN BEKANNT SEIN.

UTE BOCK: ICH MUSS DAS MACHEN, WEIL ICH DAS GELD BRAUCH'.

DERSTANDARD.AT: EHRT SIE DAS NICHT AUCH EIN BISSCHEN, SO GERÜHMT ZU WERDEN?

UTE BOCK: JA, WENN ICH SO WIE GESTERN IN DER PRATERSTRAßE GEH' UND EINER GEHT VORBEI UND SPUCKT AUS, DAS IST SCHON LEIWAND (LACHT).

DERSTANDARD.AT:
SPÜREN SIE AUF DER STRAßE MEHR POSITIVE ODER MEHR NEGATIVE REAKTIONEN?

UTE BOCK: VIEL MEHR POSITIVE. GANZ SELTEN, DASS ES EINE NEGATIVE IST.

DERSTANDARD.AT: HABEN SIE ANGST, DASS DIE STIMMUNG KIPPEN UND IN HETZE UMSCHLAGEN KÖNNTE, WIE BEI ARIGONA ZOGAJ?

UTE BOCK:
DAS IST MIR VÖLLIG WURSCHT.

DERSTANDARD.AT: WAREN SIE SCHON IMMER SO UNEMPFLINDLICH GEGENÜBER NEGATIVEN REAKTIONEN?

UTE BOCK:
NEIN. WENN ICH IN DER SCHULE EINE REDEÜBUNG HALTEN MUSSTE, WAR ICH NACH MÖGLICHKEIT KRANK. ABER JETZT HAB ICH DAS GOTTSEIDANK TOTAL ABGELEGT. ICH SAG DAS, WAS ICH MIR DENK, UND WENN SIE MICH NACHHER AUSRICHTEN, IST MIR DAS VÖLLIG EGAL. ICH SAG', WAS MIR EINFÄLLT. OFT BEDENKE ICH DABEI ZU WENIG, WAS DAS FÜR FOLGEN HAT.

DERSTANDARD.AT: WANN HABEN SIE DIE SCHEU ABGELEGT?

UTE BOCK: DAS HAT NACH DER OPERATION SPRING ANGEFANGEN.

HOUCHANG ALLAHYARI:
DAMALS HAT MAN SIE ALS LEITERIN DES GESELLENHEIMES RAUSGESCHMISSEN. ZWEI WOCHEN DARAUF HAT MAN SIE IM RATHAUS GEEHRT. ICH WAR DABEI, VAN DER BELLEN HAT EINE REDE GEHALTEN - DASS SIE EINE HELDIN SEI, WEIL SIE DEN AFRIKANERN HILFT, UND SO WEITER. DIE UTE HAT GESAGT: "SO EIN BLÖDSINN. ES WAR KALT UND NACHT. SOLL ICH SAGEN: STIRB AUF DER STRAßE?" SO IST SIE.

UTE BOCK: DAS SOLL EINMAL JEMAND PROBIEREN, EINEM MENSCHEN INS GESICHT ZU SAGEN: "SCHAU, ES REGNET ZWAR, ABER ES IST EH NICHT SO KALT, HAU DICH DA DRÜBEN MIT DEINEN GSCHROPPN AUF EINE PARKBANK."

DERSTANDARD.AT: DIE TAGE VOR DEM KINOSTART WAREN GEPRÄGT VON DISKUSSIONEN ÜBER ASYLPOLITIK. WIE HABEN SIE DAS WAHRGENOMMEN?

UTE BOCK: WENN DIE LEUTE IN TRAISKIRCHEN EINGESPERRT WERDEN, DANN WIRD DORT DAS BUNDESHEER EINRÜCKEN MÜSSEN. DIE WERDEN JEDEN TAG EINEN AUFSTAND DORT HABEN, WEGEN JEDEM SCHMARRN WIRD ES EINE SCHLÄGEREI GEBEN. MAN KANN NICHT LEUTE MIT SO EINER GESCHICHTE ZUSAMMEN SPERREN, WO ES ZU WENIG ZUM FRESSEN GIBT UND KEINE GESCHEITE DUSCHE.

DERSTANDARD.AT: DIE INNENMINISTERIN BERUFT SICH AUF DIE ÄNGSTE DER BEVÖLKERUNG.

HOUCHANG ALLAHYARI:
DAS IST EIN PARTEIPOLITISCHES PROBLEM. DIE BEVÖLKERUNG IST NICHT DAS PROBLEM: DIE SCHICKEN KUVERTS AN UTE BOCK, MIT FÜNF EURO, ZEHN EURO. OHNE DIE ÖSTERREICHERINNEN KÖNNTE UTE BOCK NICHT LEBEN.

DERSTANDARD.AT: SIE STANDEN MIT ALLEN INNENMINISTERINNEN DER LETZTEN REGIERUNGEN IN KONTAKT. WIE GEHT ES IHNEN MIT DER JETZIGEN?

UTE BOCK: ALS ALLE GESCHRIEN HABEN, 'DER PLATTER MUSS WEG', HAB ICH IMMER GESAGT: 'SEID VORSICHTIG, ES KOMMT IMMER NOCH EIN PLÄTTER' - UND SO WAR ES. ES GIBT IMMER NOCH STEIGERUNGEN.

DERSTANDARD.AT: KÖNNEN SIE MIT DEM BEGRIFF "GUTMENSCH" ETWAS ANFANGEN?

UTE BOCK: NEIN. DASS ICH VERSUCHE ZU HELFEN, WENN EINER WAS BRAUCHT, IST NICHT GUT, SONDERN NORMAL. DASS LEUTE SCHIMPFEN UND SAGEN, DA BIN ICH NICHT ZUSTÄNDIG, DAS KANN ICH NICHT NACHVOLLZIEHEN. ICH WAR HALT SOZIALARBEITERIN. WENN EIN SOZIALARBEITER NICHT SOZIAL IST, WAS IST ER DANN? DIE LEUTE GLAUBEN JA, DASS ICH MICH VON JEDEM TROTTEL ÜBERN TISCH ZIEHEN LASSE: EINER ERZÄHLT MIR SEIN GSCHICHTERL, ICH BRECH IN TRÄNEN AUS, UND DANN SCHIEB ICH IHM MEIN GANZES GELD HINÜBER - SO STELLEN DIE SICH DAS VOR. ABER SO IST ES NICHT. ICH WAR 45 JAHRE IN DEM GESCHÄFT. MICH KANN SO LEICHT KEINER ÜBER DEN TISCH ZIEHEN.

DERSTANDARD.AT: WAR ES SCHWER, GELD FÜR DEN FILM AUFZUTREIBEN?

HOUCHANG ALLAHYARI: LEICHT WAR ES NICHT. ICH WOLLTE DEN FILM SCHON LANGE MACHEN, HABE ABER NIE FINANZIERUNG ODER EINEN PRODUZENTEN GEFUNDEN. JETZT HABE ICH IHN SELBER FINANZIERT, MINDESTENS EIN DRITTEL DER KOSTEN HABE ICH AUS EIGENER TASCHE BEZAHLT, DER REST IST FILMFÖRDERUNG. ICH HABE ES NICHT NOTWENDIG, MIT DEM FILM GELD ZU VERDIENEN. MEIN GELD VERDIENE ICH IN DER MEDIZIN.

DERSTANDARD.AT: FRAU BOCK, GIBT ES IRGENDWEN, VON DEM SIE KEINE SPENDEN ANNEHMEN WÜRDEN?

UTE BOCK:
NEIN. ICH HABE IMMER GESAGT: WENN MIR DER JÖRG HAIDER IM BÄRENTAL EIN HAUS SCHENKT, WERDE ICH DANKE SAGEN. AUßERDEM: ICH KENNE BLAUE, DIE SEHR ANSTÄNDIG SIND. ICH KENNE EINE ARMENISCHE FAMILIE, DIE VON EINEM BEKANNTEN IMMER WIEDER FINANZIELL UNTERSTÜTZT WERDEN. UND DIESER BEKANNTE SITZT FÜR DIE BLAUEN IM PARLAMENT. ODER FÜRS BZÖ ODER WAS WEIß ICH, ICH KENN MICH DA JA NICHT MEHR AUS. UND MIR HABEN SCHON POLITIKER GESPENDET, DA WÜRDEN SIE SICH WUNDERN.

TOM-DARIUSCH ALLAHYARI: ICH FINDE DAS INTERESSANT: EINERSEITS MUSS MAN PARTEIPOLITIK MACHEN, UND ANDERERSEITS SPENDET MAN TROTZDEM. DIE LEUTE, DIE VON UTE BOCK BETREUT WERDEN, SIND JA OPFER DER ÖSTERREICHISCHEN INNENPOLITIK. WIR HABEN EIGENTLICH GANZ ANDERE, GRÖßERE PROBLEME. ABER WÄHREND DIE WIRKLICHEN PROBLEME AUF WELTWIRSCHAFTLICHEN VORGÄNGEN BASIEREN, AUF DIE WIR EH KEINEN EINFLUSS HABEN, KANN MAN BEI DER ASYLPOLITIK ZEIGEN, DASS MAN AKTIV IST, UND DASS EINE NOCH WEITER RECHTS STEHENDE PARTEI GAR NICHT ERST GEWÄHLT WERDEN MUSS, WEIL MAN EH HART GENUG IST. UND DIESE GANZE MELANGE BADEN DANN JENE LEUTE AUS, DIE SICH SOWIESO NICHT WEHREN KÖNNEN.

DERSTANDARD.AT: IM FILM KOMMT KEINER IHRER EHRENAMTLICHEN HELFERINNEN ZU WORT. WARUM?

TOM-DARIUSCH ALLAHYARI: WEIL SIE NICHT WOLLTEN. WIR HATTEN AUF JEDEN FALL DIE ABSICHT. ABER SIE WOLLTEN NUR IHRE ARBEIT MACHEN, ABER IN DER ÖFFENTLICHKEIT NICHT EXPONIERT SEIN. UND WIR WOLLTEN NIEMANDEN ZWINGEN.

DERSTANDARD.AT: WIE WAR DENN DIE ZUSAMMENARBEIT MIT FRAU BOCK? SIE KENNEN SICH JA GUT UND SEIT JAHREN.

TOM-DARIUSCH ALLAHYARI: DER FILM WÄRE NICHT SO GUT GEWORDEN, WENN DIE UTE NICHT DER ORIGINELLE, WITZIGE MENSCH WÄRE, DER SIE IST. DA IST ES OFT ZU SZENEN GEKOMMEN, DIE DERART ORIGINELL UND LUSTIG WAREN, WEIL DIE UTE EINFACH DIE UTE IST. DA MÖCHTE ICH IHR EIN GROßES KOMPLIMENT MACHEN. ICH HABE SELTEN LAIEN GESEHEN, DIE VOR DER KAMERA DERART UNGEHEMMT AGIEREN.

UTE BOCK: ICH BIN JA ÖFTER IM FERNSEHEN GEWESEN. FÜNF KAMERAS SCHAUEN DICH AN. DU DARFST NICHT HINSCHAUEN. DANN GEHT'S.

DERSTANDARD.AT: WIE VIEL IRONIE STECKT HINTER DEM FILMTITEL "BOCK FOR PRESIDENT"?

UTE BOCK: VIEL, HOFFE ICH. ICH TRAU MICH JA GAR NIMMER ZUM FISCHER GEHEN, WEIL DER GLAUBT ICH BIN SEINE KONKURRENTIN (LACHT).

TOM-DARIUSCH ALLAHYARI: VIELLEICHT HABEN WIR DA UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN. ES IST NATÜRLICH NICHT ERNST GEMEINT. ABER UTE ZEIGT, DASS EIN EINZELNER MENSCH UNGLAUBLICHES ERREICHEN KANN. UND SO EINEN MENSCHEN HAT MAN DOCH GERNE ALS PRÄSIDENTIN.

(MARIA STERKL, DERSTANDARD.AT, 13.1.2010




Bock for President


"Menschen seh ich, keine Asylanten": Das Porträt einer Frau, die das Problem der anderen zur eigenen Lebenspraxis erklärte.
Gut: Flüchtlingshelferin Bock DruckenSendenLeserbrief
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Ihr Vater, ein Anhänger der Nationalsozialisten, hielt sie für "naturdeppert", und zugedacht war ihr eigentlich nur ein "Tschapperlposten". Viel mehr Privates erfährt man nicht aus dem Leben von Ute Bock. Dafür viel über die Arbeit jener resoluten Pensionistin, die der Nation vorführt, wie man auch mit Asylwerbern umgehen kann: Engagiert, effektiv, mitfühlend und radikal unsentimental.

Houchang und sein Sohn Dariusch Allahyari - Bock ist Allahyaris Ex-Schwägerin - begleiteten Frau Bock über zwei Jahre. Da kam es durchaus vor, dass "Mama Bock" einen der Ratsuchenden als Trottel beschimpfte.

Die Filmemacher liefern kein Heiligenbild, sondern das Porträt einer Frau, die das Problem der anderen zur eigenen Lebenspraxis erklärte. Denn für Bock sind Asylwerber nicht ein Problem. Es sind Menschen, die ein Problem haben.
Diese Haltung macht den ganzen Unterschied, ändert den Blick und kommt - frei nach Hölderlin - in der Doku schön zur Ansicht: "Menschen seh ich, keine Asylanten."
Kurier, 12.1.09




HOME RUN. Neues Kino aus Österreich (viennale.at, 27.10.2009)

bock2.jpg «Wenn ich nicht mehr kann», wird die Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock im Abspann dieses Films sagen, «möchte ich eine gütige Straßenbahn erwischen, die mich zusammenführt.» Einer entschiedenen Handbewegung folgt ein spitzes Lachen. Verdichtete Bilder wie dieses gibt es in Bock for President zuhauf. Da überlagert sich einiges: Grenzenlose Hilfsbereitschaft und die permanente Überlastung der eigenen Möglichkeiten. Psychischer Dauerstress und rauer Humor. Schließlich die dramatischen Defizite staatlicher Migrationspolitik und eine einfache Frau, die diese Lücken als höchstpersönliches, schillerndes Zeichen permanent signalisiert.
Einen Film über Frau Bock zu drehen ist ein gewaltiges Unterfangen. Nicht aus logis­tischer Sicht, das Epizentrum ihrer Arbeit lässt sich ganz gut eingrenzen. In ihrem Vereinsbüro in Wien in der Großen Sperlgasse arbeitet die Pensionistin fast rund um die Uhr, dort übernachtet sie oft auf einem Klappbett. Dass Frau Bock niemals Nein sagen kann, weiß jeder, sogar sie selbst. Ihr Verein stellt hunderten Flüchtlingen Wohnungen zur Verfügung, versorgt Menschen, die plötzlich vor der Türe stehen: nach Hungerstreiks einfach entlassen, in der Bundesbetreuung nicht mehr erfasst, verängstigt vor Behörden oder schlicht verzweifelt. Für einen kleinen Betrieb, für eine rastlose Frau, kaum zu bewältigende Aufgaben. Eine Welt voller unsichtbarer Schicksale, dramatischer Biografien, kaum verständlicher Rechtsnormen, spontaner Entscheidungen.
Das in einen Film zu packen, ist kein leichtes. In Bock for President ist es nicht immer einfach, sich zurechtzufinden. Menschen kommen und gehen, oft anonym, nur mit biografischen Spuren versehen, Schauplätze wechseln unvermittelt, manches lässt sich erahnen, Szenen verstören durch ihre Uneindeutigkeit. Dazwischen Frau Bock, auf Solidaritäts-Festen, auf Besuch bei Familien, eingegraben in ihrem Büro zwischen wuchernden Papierbergen. Auch ein paar private Einsprengsel mischen sich in den Film, Frau Bock erinnert sich mit ihrer Schwester an das Elternhaus. Die Frage, wer diese Frau Bock eigentlich ist, wird durch ihr eigenes Tun beantwortet. Das Private und das Politische, also ihre Arbeit, lassen sich nicht trennen. (Gunnar Landsgesell)

Houchang Allahyari wird in Teheran geboren. Studiert Medizin in Wien und arbeitet viele Jahre als Psychiater. Nach frühen experimentellen und avantgardistischen Arbeiten dreht er kommerziell erfolgreiche Spielfilme wie Fleischwolf (1990), I Love Vienna (1991), Höhenangst (1994), Geboren in Absurdistan (1999). Tom-Dariusch Allahyari ist bei zahlreichen dieser Filme als Regieassistent tätig und produziert Beiträge für die Kulturabteilung des ORF, u.a. über die «zweite Generation» und Einflüsse iranischer Kultur in Österreich.
In Anwesenheit von Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari und Ute Bock.



http://www.skip.at/film/13314/

bock3.jpgDas ­filmische Porträt einer einzigartigen Frau, die stets grantig-grundgütig das tut, was eigentlich die Aufgabe einer verantwortungsvollen Gesellschaft und damit deren demokratisch gewählter Regierung wäre: Menschen in Not zu helfen, mit vollem Einsatz und ohne Heiligenschein.

Ute Bock, geboren 1942 in Linz, arbeitete zunächst als Erzieherin und später als Leiterin eines Wiener Jugendheims. Immer ­öfter wurde sie mit tragischen Schicksalen junger Flüchtlinge konfrontiert. Schließlich gab sie mehreren afrikanischen bk3.jpgAsylwerbern Obdach "was ihr eine Anzeige wegen Bandenbildung und Drogenhandel einbrachte, die allerdings fallen gelassen wurde.
Seither organisiert, finanziert und betreut Ute Bock private Wohngemeinschaften für Asylsuchende, kümmert sich gemeinsam mit Mitarbeitern und Freiwilligen um Behördenwege, ­Soforthilfe und die Einnahme und Verteilung von Geld- und Sachspenden (siehe auch www.fraubock.at).

Der iranisch-österreichische Filmemacher Houchang ­Allahyari hat nun gemeinsam mit seinem Sohn (und Ute Bocks Neffen) Tom Dariusch ein lang geplantes ­Projekt verwirklicht: das ­filmische Porträt einer einzigartigen Frau, die stets grantig-grundgütig das tut, was eigentlich die Aufgabe einer verantwortungsvollen Gesellschaft und damit deren demokratisch gewählter Regierung wäre: Menschen in Not zu helfen, mit vollem Einsatz und ohne Heiligenschein.
Text: Gini Brenner




http://www.filmfonds-wien.at/de/Filme/Filmseiten/Bock-for-President/

bock4.jpgBock for President

von Houchang & Tom-Dariusch Allahyari

Dokumentarfilm
A 2009, 100 min., 35mm
Drehbuch: Houchang und Tom-Dariusch Allahyari
Kamera: Gabriel Krajanek, Peter Roehsler
Schnitt: Petra Mariam
Produzenten: Houchang Allahyari

Eine Produktion der Allahyari Film

Förderungen
Herstellung: bis zu 48.000 € (4. Jurysitzung 2008)

Synopsis
Die Filmemacher Houchang und Tom-Dariusch Allahyari begleiteten zwei Jahre lang die Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock bei ihrer Arbeit und privat mit der Kamera. Das Ergebnis ist eine sehr intime Annäherung an Ute Bock sowie an die Schicksale von Asylwerbern, die im Film zu Wort kommen. Menschen, für die sich keine Stelle zuständig fühlt, und die ohne die Arbeit von Frau Bock mittellos auf der Straße sitzen würden.



http://www.falter.at

<<>>Bock for President>

(Ö 2009) R: Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari (90 min)

Es gab schon ein Bier mit ihrem Namen und das musikalische Benefizfestival Bock Ma's; sie propagierte warmen Punsch gegen soziale Kälte und plädierte für bockige Weihnachten. Initiativen von Bock auf Kultur bis hin zum Ute Bock Fußball-Cup unterstützen die wohl couragierteste Flüchtlingsbetreuerin Österreichs. Nun endlich nimmt sich jetzt auch ein Film dem sozialen Engagements Ute Bocks an, die sozusagen "freiberuflich" ihr Leben und ihre Arbeit ganz in den Dienst der AsylantInnen stellt.

Altersempfehlung: keine Angabe


http://www.skip.at/interview/921/

Menschlich betrachtet
Ute Bock zu Bock for President


bock_skip_1.jpgDie gute Ute. Im SKIP-Interview erzählt Ute Bock, warum sie nie genug bekommt und jetzt auch noch Filmstar wird - und wie sie es schafft, nicht die Hoffnung zu verlieren, obwohl sie immer noch die Kronen Zeitung liest.

SKIP
: Frau Bock, im Prinzip machen Sie nichts anderes als das Richtige und Naheliegende - und sind damit zum Phänomen geworden.

Ute Bock: Das ist erschreckend. Eigentlich ist das doch normal, wenn ich auf der Straße einen sehe, der etwas braucht, und ich habs, dass ich ein bisschen was hergebe. Es bettelt doch keiner, weils so lustig ist.

SKIP: Sie tun so viel, und doch wird das, was Sie noch tun könnten, immer mehr. Wie schafft man es, nicht einfach aufzugeben?

Ute Bock: Vielleicht ist das schon ein bisserl mein Altersstarrsinn (lacht). Dass ich mir denke, das kanns doch alles nicht geben - und ich möchte gerne, bevor ich endgültig abtrete, wissen, dass das in Ordnung ist. Das ich das nicht zusammenbring, das weiß ich schon, ich bin ja kein Trottel. Aber man sollte es wenigstens versuchen.

SKIP: Sie erfahren jeden Tag von unglaublich tragischen Schicksalen wie gehen Sie damit um, wie verarbeiten Sie das?

bock_skip_2.jpgUte Bock: Das lernt man mit der Zeit. Ich habe lange Zeit ein Wiener Kinder- und Jugendheim geleitet. Zu uns hat man die gebracht, die sonst keiner haben wollte, das "Gsindl", wie sie genannt worden sind. Da habe ich auch viel Schlimmes gesehen. Ich mach oft einen blöden Witz, um einer Situation die Schärfe zu nehmen. Wenn zum Beispiel einer kommt und sagt, "Ich hab so einen Hunger, ich hab schon drei Tage nichts mehr zu essen gehabt!", dann sag ich: "Dann gewöhn dirs gar nicht mehr an, das kommt viel billiger."

SKIP: Was denken Sie, wenn Sie nach so einem Gespräch an einer Auslage voller Schlankheitspillen vorbeigehen?

Ute Bock: Da muss man wegschauen. Oder man haut die Scheibe ein, es gibt nur die zwei Möglichkeiten (lacht). Es ist irr.

SKIP: Man hat oft das Gefühl, in unserer Gesellschaft gibt es zwei Parallelwelten: Die, die nichts haben, und die, die im Überfluss leben. Dazwischen gibt es kaum etwas.

Ute Bock: Was ich oft geschenkt krieg, was Leuten einfach übrig bleibt – unglaublich. Ein Politiker hat mir mal 60 Brathühner geschickt, die ihm von einer Party einfach übriggeblieben sind. 60 ganze Hendln! Ich bekomme jeden Samstag abend von einem großen Supermarkt 5 riesige Säcke voll mit Brot und Mehlspeisen, die sonst weggeworfen würden. Ich darf da ja gar schimpfen drüber, weil ich bin froh, dass ich das krieg.

SKIP: Wie entstand eigentlich die Idee zu dem Film, und wie lang hat man Sie gequält, bis Sie ja gesagt haben?

Ute Bock: (lacht) Der Regisseur ist mein Schwager, er war mit meiner Schwester verheiratet. Es ist also ein Familienwerk. Das hat es einfacher gemacht. Und er hat immer schon gesagt, dass er einen Film über mich machen will, und jetzt hat er ihn halt gemacht.

SKIP: Und macht Sie damit noch bekannter ...

Ute Bock: Das hätt ich mir sparen können, diesen komischen Ruhm.

SKIP:
Hift er nicht auch ein bisschen?

Ute Bock: Ja, schon. Weil sonst hab ich ja kein Geld. Es gibt unheimlich viele Leute, die spenden. Doch noch unheimlicher wirds mir, wenn ich sehe, wieviel Leute es gibt, die nichts mehr haben. Nichts. Und soviel ich auch betteln gehe, es ist einfach nie genug. Ich erhalte momentan 25 Flüchtlingsfamilien, dazu zahle ich die Vorstudien-Lehrgänge für die, die studieren wollen, weil ich es für sehr wichtig halte, dass die eine Ausbildung bekommen. Dann zahle ich Bleistifte und Schulhefte und Schultaschen und was weiß der Teufel was alles, was vom Staat nicht bezahlt wird - was ich nicht verstehe, die Kinder brauchen das doch! So wie mehrere Monatskarten für die Verkehrsbetriebe. Zum Vollpreis. Wissen Sie, ich als alte Schachtel mit einer Pension, die nicht so schlecht ist, zahle bei den Verkehrsbetrieben den halben Preis. Die Studenten fahren verbilligt. Die Sozialhilfeempfänger zahlen 15 Euro. Die Kinder zahlen auch weniger. Jeder kriegt irgendeine Ermäßigung. Nur die, die gar nichts haben, zahlen die volle Länge. Was ist das bitte?

SKIP: Haben Sie eigentlich nie den Impuls, zu sagen: "So, jetzt habts mich mal alle gern, ich fahr auf Urlaub?"

Ute Bock: Nein. Ich wüsste doch gar nicht, was ich da tun sollte in so einem Urlaub. Kronen Zeitung lesen vielleicht?

SKIP: Ertragen Sie das noch? Kronen Zeitung lesen?

Ute Bock: Ja, schon. Ich lese vor allem die Leserbriefe. Die sind schrecklich, stimmt schon. Aber man muss das wissen. Man muss wissen, wie die Menschen sind.

SKIP:
Macht einen das nicht hoffnungslos?

Ute Bock:
Nein.

SKIP: Die Menschen, denen Sie helfen, sind ja auch oft wenig dankbar – viele sind traumatisiert und sozial schwer daneben. Wie geht man damit um?

Ute Bock: Das ist mir wurscht. Manche sind einfach wirklich unglaublich arm.

SKIP:
Haben Sie eigentlich vor irgend etwas Angst?

Ute Bock:
Schon lange nicht mehr.

Interview: Gini Brenner / September 2009




http://viennale.orf.at/stories/1630979/


Danke, ich lebe noch

Standing Ovations hat es nach der Uraufführung von "Bock for President" im Rahmen der Viennale gegeben. Die Filmemacher Houchang und Tom-Dariusch Allahyari begleiteten die Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock zwei Jahre lang beruflich und privat mit der Kamera.

Kategorie: "Bock for President" 02.11.2009

"Jessas, da spielt sich's schon ab", sagt Bock, als sie frühmorgens die Tür ihres Vereinslokals im zweiten Wiener Gemeindebezirk aufsperrt. Draußen steht schon eine Schlange von Leuten, die etwas brauchen: Flüchtlinge, die ein Dach über dem Kopf suchen, Bedürftige, die sich Lebensmittel abholen, Asylwerber, die eine kostenlose Rechtsberatung nutzen wollen.
Symbol für Menschlichkeit

Bock hilft dort, wo die Behörden versagen und andere gar nicht erst hinschauen. Mit ihrem Verein "Flüchtlingsprojekt Ute Bock" organisiert und betreut sie private Wohngemeinschaften, hilft bei Behördenwegen, bietet ein kostenloses Postservice und vermittelt ärztliche Soforthilfe.

Der iranisch-österreichische Filmemacher Houchang Allahyari hat nun gemeinsam mit seinem Sohn Tom-Dariusch Allahyari ein lang geplantes Projekt verwirklicht: das filmische Porträt einer Frau, die in Österreich zu einem Symbol für den menschlichen Umgang mit Asylwerbern geworden ist.

Zwischen Selbstaufgabe und Erfolg


Die Regisseure haben sowohl privat als auch beruflich einen besonderen Zugang zu Bock. Sie ist die Ex-Schwägerin von Houchang Allahyari, Tom-Dariusch ist ihr Neffe. Andererseits bestehen auch starke berufliche Verbindungen: Houchang Allahyari arbeitet mit Bock im medizinischen Bereich zusammen, behandelt immer wieder als Psychiater und Neurologe deren "Schützlinge". Vor diesem Hintergrund lässt sich nachvollziehen, wie mit "Bock for President" ein derart dichtes, persönliches, aber auch unkitschig-nüchternes Porträt entstehen konnte.

Getragen von Bocks sprödem Charme und rauem Humor bietet die Dokumentation Einblicke in ein Leben zwischen Selbstaufgabe und Erfolgserlebnissen. Beinahe rund um die Uhr ist die 67-Jährige im Einsatz. Wenn es wieder einmal 3.00 Uhr ist, übernachtet sie auf einem Klappbett im Wäschelager. Die Vorhänge ihres Büros sind immer geschlossen, damit die Welt da draußen nicht von wichtigeren Dingen ablenkt. Wenn sich jemand nach ihrem Befinden erkundigt, antwortet Bock immer mit demselben Satz: "Danke, ich lebe noch."
Szene aus "Bock for President".
Gute Seele ohne Heiligenschein

Bock selbst verzichtet nur allzu gerne auf den Heiligenschein, den manche über ihrem Kopf zu sehen glauben. "Es ist doch das Normalste von der Welt, dass man hilft, wenn es einem anderen schlecht geht", bringt sie ihre Lebenseinstellung auf den Punkt. Frei von Sentimentalität und diplomatischen Strategien kann sie auch einmal laut werden. "Heast, du bist a Trottel", schimpft sie etwa, wenn einer ihrer "Klienten" versucht, sie zu beschwindeln.

Das Vertrauen zwischen der Porträtierten und den Filmemachern ermöglichte einen unverkrampften Zugang zu den Flüchtlingen, um die es im Film geht. "Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus und schlechten Erfahrungen mit den Behörden sind oft nicht leicht zu bewegen, sich filmen zu lassen. Wenn aber Ute Bock garantiert, dass wir vertrauenswürdig sind, öffnen sich viele Türen", erzählt Houchang Allahyari. Nachdem der Film schon bei der Vorpremiere im Wiener Audimax begeistert hatte, wurde das Team bei der Premiere im Künstlerhaus Kino vom Viennale-Publikum mit Standing Ovations bedacht.

Sonia Neufeld, ORF.at



Die Premiere des Dokumentarfilms "Bock for President" wird von der Viennale um einen Tag vorgezogen und im besetzten Audimax gezeigt.

30.10.2009 17:23 | KURIER.at, studiKURIER | tem

Der kämpferischen Flüchtlingsbetreuerin Ute Bock ist das filmische Porträt "Bock for President" gewidmet. DruckenSendenLeserbrief
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Wie das Filmfestival Viennale am Freitag bestätigt hat, wird die Premiere des Films "Bock for President" nun an der Uni Wien im von Studenten besetzten Audimax stattfinden. Der studiKURIER berichtete bereits am Mittwoch über diese Pläne. Am Samstag, den 31. Oktober um 19 Uhr wird die Dokumentation über die Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock im größten Hörsaal der Uni Wien zu sehen sein. In Anwesenheit von Ute Bock, den Regisseuren Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari und Viennale-Chef Hans Hurch.

"Die Premiere der Dokumentation über Ute Bock im besetzten Audimax ist ein kleiner solidarischer Beitrag unseres Festivals mit den Anliegen und dem Protest der selbstorganisierten Studentenschaft", so Hurch in einer Aussendung.

Ursprünglich war die Weltpremiere am 1. November im Künstlerhauskino geplant. Auch andere Regisseure der Viennale haben sich bereits im besetzten Audimax blicken lassen und etwa im Falle von Richard Brouillette ("Encirclement - Neo-Liberalism Ensnares Democracy") auch ihren Film mitgebracht.






Viennale zieht ins Audimax
Das Wiener Filmfestival Viennale ändert kurzfristig sein Programm und verlegt die Premiere des Films "Bock for President" in das besetzte Audimax der Uni Wien.
Filmpremiere am Samstag, 19.00 Uhr, Audimax der Uni Wien.
"Kleiner solidarischer Beitrag"
Es sei "ein kleiner solidarischer Beitrag unseres Festivals mit den Anliegen und dem Protest der selbst organisierten Studentenschaft", sagte Viennale-Chef Hans Hurch.

Die Dokumentation über die Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock wird am Samstag um 19.00 Uhr im Audimax gezeigt. Auch andere Regisseure im Audimax
Hurch, Bock und die beiden Regisseure Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari werden anwesend sein. Ursprünglich war die Weltpremiere am 1. November im Künstlerhauskino geplant.

Auch andere Regisseure der Viennale haben sich bereits im besetzten Audimax blicken lassen und etwa im Falle von Richard Brouillette ("Encirclement - Neo-Liberalism Ensnares Democracy") auch ihren Film mitgebracht.



Viennale - Allahyari über Aggression gegen Fremde

Regisseur Houchang Allahyari lebt und arbeitet seit mehr als 30 Jahren in Österreich und ist dabei in zwei völlig verschiedenen Berufen erfolgreich: als praktizierender Psychiater in Wien und als Autor und Regisseur, der nach Filmen wie "Höhenangst", "I Love Vienna" oder "Geboren in Absurdistan" aus dem heimischen Kinogeschehen nicht mehr wegzudenken ist.

Mit seinem Sohn Tom-Dariusch arbeitet der Wahlwiener immer wieder bei seiner Filmarbeit zusammen - so auch bei seinem jüngsten Dokumentarfilm "Bock For President". Im Interview mit der APA erzählen sie über das Fremdsein und ihre Beziehung zu Ute Bock.
APA: Sie sind sowohl aktiver Psychiater als auch Filmemacher. Ist das eine gute Kombination?
Houchang Allahyari: Es ist sehr gut. Das inspiriert mich auch für meine Filme, da ich in direktem Kontakt mit Menschen und deren Problemen bin. Meine Filme haben ja auch immer mit meiner Umgebung zu tun. Ich möchte keinen meiner zwei Jobs weglassen.
APA: Das Fremdsein beschäftigt Sie in all Ihren Filmen. Wie erleben Sie den Alltag als Fremder hier?
Houchang Allahyari: Ich bin schon so lange hier, werde aber immer noch als Ausländer betrachtet. Bei mir ist es besser, weil ich ein Doktor bin, das ist aber sicher in anderen Bereichen anders. Ich spüre allerdings, dass sich in der letzten Zeit einiges verändert hat. Die Aggression Fremden gegenüber ist größer geworden. Auch wenn mir gar nichts Konkretes passiert ist.
Tom-Dariusch Allahyari: Ich habe schon in der Schule gewissen Rassismus mitbekommen. Ich fühle mich sehr wohl in Österreich, spüre aber eine gewisse Verantwortung, gegen diese Stimmungen etwas zu machen. Die Filme, die mein Vater und ich machen, drehen sich oft um Fremde, die aber nicht unbedingt aus dem Ausland sein müssen.
APA: Jetzt haben Sie Ihren neuen Film über eine Frau gemacht, die ihr Leben den Fremden in Österreich widmet. Warum jetzt, obwohl Sie Ihre Tante bzw. Ex-Schwägerin ja schon lange kennen?
Houchang Allahyari: Ich wollte schon seit 20 Jahren einen Film über sie machen. Interessiert hat sie mich schon immer, auch als sie noch nicht mit Ausländern gearbeitet hat. Jetzt hab ich eben einen Produzenten gefunden. Wir haben Ute Bock fast zwei Jahre bei ihrer Arbeit gefilmt, ohne etwas zu inszenieren. Das Schwierigste war, eine Dramaturgie zu finden. Also wie gehen wir mit den 70 bis 80 Stunden und dem wirklich verwendbaren Material um. Wir zeigen den Mensch Ute Bock mit ihren Aggressionen und Ängsten.
APA: Würde es Ute Bock nicht geben, wo wären diese Menschen?
Tom-Dariusch Allahyari: Die wären auf der Straße.
Houchang Allahyari: Ich finde diese gesetzliche Versorgungslücke furchtbar! Es kann nicht sein, dass eine Privatperson diese Lücke schließen muss.
Tom-Dariusch Allahyri: Man kann das eigentlich einem einzelnen Menschen wie Ute Bock nicht zumuten, das alles zu tun. Man sollte sich überlegen, was man gesamt dagegen machen kann.
(Das Gespräch führte Tiziana Arico/APA)
INFO: http://www.viennale.at



Madonna24.at:

Von 13 Filmen, die ab Samstag (24.10.) an je einem Festivaltag um 21 Uhr im Künstlerhauskino gezeigt werden, fallen elf auf Dokus.
Im Folgenden eine Kurzkritik der zumeist porträtierenden Dokus (von Günter Schwaigers Stierkampf-Film "Arena" und "Hana, dul, sed..." von Brigitte Weich/Karin Macher über nordkoreanische Fußballerinnen war vorab keine Kopie erhältlich, Anm.): "Bock for President" von Houchang Allahyari: Die Grande Dame der Wiener Sozialarbeit, Ute Bock, in all ihren Widersprüchen: "Ich sitz oft bis drei Uhr früh und um sieben steh ich wieder auf", erzählt die Flüchtlingshelferin, deren Verein Hunderten Flüchtlingen Wohnungen zur Verfügung stellt. Dass sie nicht nein sagen kann, hat sich herumgesprochen. Grenzenlose Hilfsbereitschaft und rauer Humor sind nur einige ihrer Charaktereigenschaften. Es ist der Mensch Ute Bock, der gezeigt wird; ein Mensch, den man allerdings von seinem politischen Tun nie trennen kann. (1.11., 21 Uhr, Künstlerhaus)



Viennale zieht erfolgreich Bilanz
04.11.2009 11:12 | APA | Tix

Am Mittwoch geht die 47. Viennale zu Ende. Festivaldirektor Hans Hurch gibt sich im Pressegespräch äußerst zufrieden.
Die Viennale, "ein Geheimtipp" in der Festivalszene. DruckenSendenLeserbrief
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Die 47. Viennale geht am Mittwoch mit einer erneuten Besuchersteigerung und einer - auch trotz des zusätzlichen Festivaltages - gesteigerten Auslastung zu Ende. "Wir konnten wieder einen sehr schönen Erfolg verbuchen", sagte Festivaldirektor Hans Hurch beim abschließenden Pressegespräch in Wien. Vorsichtig hochgerechnet komme man heuer seit 22. Oktober auf 94.800 Besucher und damit um 2.700 Besucher mehr als bisher. Die Auslastung ist von 76,8 auf 79,6 Prozent gestiegen.

"Das ist eine schöne Bestätigung und Ermutigung für das, was wir im Laufe des Jahres gemacht haben", so Hurch, der auf 124 ausverkaufte Vorstellungen (von insgesamt 345) verweisen konnte. Vor allem auch die Dokumentarfilme, die sonst im Kino oft zu kurz kommen und nach Meinung des Direktors eigentlich auch im Fernsehen präsenter sein müssten, seien wieder "mit großem Interesse wahrgenommen" worden.
Standing Ovations
Der Besuch im Audimax bei den protestierenden Studenten mit der Doku "Bock for President" sei ein Highlight gewesen. Die Sozialarbeiterin Ute Bock habe im Audimax vor mehr als tausend Studenten minutenlange Standing Ovations bekommen, "von denen selbst Tilda Swinton nur träumen könnte", so Hurch. Das Tribute für die schottische Oscar-Preisträgerin war dennoch naturgemäß "sehr, sehr erfolgreich". Swinton habe bei ihrer Abreise auch gesagt, dass ihr die Viennale irgendeinen Vorwand liefern solle, damit sie nächstes Jahr wieder kommen könne, freute sich Hurch. Das Tribute für den philippinischen Filmemacher Lino Brocka blieb dagegen "hinter den Erwartungen zurück".

Geheimtipp
Der Viennale sei es über die Jahre gelungen, "ein Geheimtipp" in der Festivalszene zu werden. Das spiegle sich in den vermehrten Premieren sowie in der internationalen Pressebegleitung wider, berichtete Hurch nicht ohne Stolz. In Wien habe man zudem das Badeschiff schnell als neues Festivalzentrum etabliert. Hurchs Vertrag als Viennale-Direktor wurde zu Beginn des Festivals um drei Jahre bis 2013 verlängert. Festival-Präsident Eric Pleskow bekommt zudem am Freitag von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.
Vorschau
Für das kommende Jahr kündigte Hurch eine breitere Zusammenarbeit mit dem französischen Filmemacher Jean-Luc Godard an. An den technischen Problemen beim Vorverkauf werde man arbeiten - "das wird nächstes Jahr nicht mehr passieren".





Eine unbequeme Institution3.
November 2009 | MAGDALENA MIEDL (SN).

Das Wiener Filmfest Viennale endet heute, Mittwoch. Für Ute Bock gab es Ovationen im besetzten Audimax der Universität. MAGDALENA MIEDL
WIEN (SN). An Höhepunkten war die 47. Viennale nicht arm: Oscarpreisträgerin Tilda Swinton kam zur Eröffnung und bescherte der Viennale mediale Aufmerksamkeit und spannende Diskussionen. Die Kino-Ikonen Jane Birkin und Béatrice Dalle begleiteten aktuelle Filme nach Wien und brachten Glamour ins Festival. „Wir sind sehr zufrieden“, heißt es vonseiten der Viennale rückblickend auf die vergangenen Tage: Mehr Filme als bisher waren ausverkauft, mehr Besucher als bisher setzten sich teils herausforderndem, teils seltsamem, fast immer aber aufregendem Kino aus.
Die Viennale ist in ihrer Funktion, Filme zu zeigen, die sonst kein Forum finden, eine Institution geworden. Doch gleichzeitig versucht das Festival mit aller Macht, den Geruch des Institutionellen zu vermeiden. Das gelingt nicht immer, schließlich ist man von Förderstellen und Geldgebern abhängig, doch die Sympathie mit den Unbequemen ist groß.
Einer von ihnen ist der Wiener Regisseur Peter Kern. Bereits die Werbeplakate für sein Drama „Blutsfreundschaft“ sorgten mit überspitzten, homophoben Parolen für Aufregung. In dem Film geht es um einen jungen Burschen, der hin- und hergerissen ist zwischen den Sympathien für eine Neonazipartei und einem greisen Wäschereibesitzer mit Nazi-Vergangenheit (Kultfigur Helmut Berger). Kern eckt mit seinen Filmen unweigerlich an, durch die ungeniert pathetische Erzählweise, durch seine teils handgestrickt wirkende Produktion und nicht zuletzt wohl auch durch seine provokanten Themen.
Der geheime Höhepunkt des Festivals hingegen war nicht geplant und eigentlich auch nicht besonders geheim, fand er doch vor über tausend Menschen statt: Kurzfristig hatte Viennale-Direktor Hans Hurch eine Sondervorführung der Doku „Bock for President“ über die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin Ute Bock im von Studenten besetzten Audimax der Uni Wien anberaumt.
„Ich bin spätabends an der Uni vorbeigekommen und hab mir gedacht, ich schau mir das einmal an“, sagte Hurch. „Dort haben mich ein paar Leute erkannt, die mir gesagt haben, sie können jetzt nicht auf der Viennale sein, weil sie hier das Audimax besetzen müssen, und sie haben mich gebeten, dass ich bei ihnen den Ute-Bock-Film herzeige.“
Samstagabend, einen Tag vor der eigentlichen Premiere im Künstlerhauskino, fand also vor etwa 1300 Menschen im Audimax die Weltpremiere von „Bock for President“ statt, mit improvisierter Technik und viel Leidenschaft. Ute Bock selbst, der die Anwesenden minutenlang Standing Ovations spendeten, meinte zum Publikum trocken: „Kann sein, dass ihr’s jetzt schwer habt da beim Besetzen. Aber im Film seht ihr Leute, die haben ein wirklich grausliches Leben!“ Der Film erntete große Sympathie: „Da war der Auftritt von Tilda Swinton im Gartenbau nix dagegen!“, sagte Hurch.
© SN/SW



Studenten protestieren weiter, Hörsäle noch immer besetzt
01.11.2009 | 13:46 | (DiePresse.com)

Der Studenten-Protest gegen die heimische Bildungspolitik scheint ungebrochen zu sein. Hörsäle im ganzen Land sind nach wie vor besetzt. Viennale-Premiere wurde am Samstag in das Audimax verlegt.
An den großen österreichischen Universitäten sind nach wie vor an die zehn Hörsäle besetzt - trotz Zusage von Minister Hahn, zusätzlich 34 Millionen Euro aus der Notfallsreserve zur Verfügung zu stellen. Die Protestbewegung wünscht sich eine Bildungsmilliarde und gibt sich mit dem Erreichten nicht zufrieden.

Im Wiener Audimax fand am Sonntag eine "Strukturdebatte" statt. Nach Eigendefinition ging es darum, "konkrete Vorschläge zu sammeln, wie wir unsere Selbst-Organisation strukturieren können". Sonja Grusch, Spitzenkandidaten der Linken bei den Nationalratswahlen 2008, war im Plenum zu Gast. Anschließend wurde die Dokumentation "Here to Stay", über Rassismus in Österreich, vorgeführt.

Die Uni Graz kündigte für Montag um 16 Uhr eine "Trauerfeier für die drei Verstorbenen 'Freier Hochschulzugang', 'qualitativ hochwertige Bildung' und 'Freiheit von Forschung und Lehre'" an. Für Donnerstag ist ein österreichweiter Aktionstag geplant. Ob es dabei auch wieder Demonstrationen geben wird, steht noch nicht fest.
Viennale leistet "solidarischen Beitrag"
Am Samstag wurde vor einem zum Bersten gefüllten Wiener Audimax die Premiere des Viennale-Films "Bock for President" gezeigt. Die Entscheidung, die für Sonntag geplante Premiere in den besetzten Hörsaal zu verlegen, sei "ein kleiner solidarischer Beitrag unseres Festivals mit den Anliegen und dem Protest der selbstorganisierten Studentenschaft", so Viennale-Chef Hans Hurch.

Für die Regisseure Houchang Allahyari und Tom-Dariusch Allahyari - "wir sind stolz, dass die Premiere im Audimax stattfindet" - und Flüchtlingshelferin Ute Bock gab es minutenlangen Applaus und Standing Ovations.

Zuvor diskutierte Armin Thurnher, Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung "Falter" mit den Studenten über österreichische Politik und vergangene und zukünftige Formen des politischen Protests sowie der Gesellschaft in Zeiten des Internet.
(Red.)


Das war die Viennale 2009

vienaleende.jpgVibrierendes Audimax, sprechende Enten und mehr Zuschauer als letztes Jahr - ein Best-of der Viennale.
Filmfestival mit Eventcharakter: Die Viennale.


Fast wäre ja das Wiener Badeschiff die beste neue Location des Festivals gewesen. Aber dann präsentierte die Viennale Houchang Allahyaris neuen Film "Bock for President" im besetzten Audimax. Was man der Viennale zwar als Anbiederung auslegen könnte, aber was soll's: Es funktionierte. In einer vibrierenden Atmosphäre trat Ute Bock, diese unermüdlich für Immigranten kämpfende Frau und Star des Alltags auf und degradierte Oscarpreisträgerin Tilda Swinton fast zum Aschenputtel. Diese hatte ja zweifellos die besten Schuhe des Festivals zu bieten (von Prada und Gesprächsthema Nummer 1 bei der Eröffnung).

Und weil wir schon bei Kostümen sind: Der beste Gamsbart der Viennale steckte auf dem Trachtenhut von einem der verrücktesten Filmemachern aus den USA: Timothy Carey, bisher höchstens als Nebendarsteller von Marlon Brando in "Der Wilde" oder als Küchenschaben-Zerquetscher in Stanley Kubricks "Wege zum Ruhm" bekannt. Er war ein überschäumend Unbequemer, der es nie in die Riege erster Schauspieler schaffte, weil die Regisseure seiner Kreativität nicht Herr wurden. Also machte er 1962 seinen eigenen Film: "The World's Greatest Sinner".

Frank Zappa, der dazu die Musik geschrieben hat, dürfte sich von diesem Film nicht nur sein Bärtchen, sondern auch die Bühnenshow von Carey abgeschaut haben. Dieser spielt einen Versicherungsmann, der kündigt, um in die Politik zu gehen. Dort ernennt er sich zu Gott und verspricht den Wählern ewiges Leben. Ein visionärer Film, der nie ins Kino kam und seither Kultstatus hat.

Careys Film Nummer 2 "Tweet's Ladies of Pasadena" ist übrigens Anwärter auf den verrücktesten Film der Viennale, wenn nicht der Welt überhaupt . Sowas wie Monty Python's trifft Achternbusch auf einem LSD-Trip. Strickende Damen auf Rollschuhen mit Plastikobst am Hut, sprechende Enten und Carey mit einem bayrischen Lederhosen-Geldbörsel: unglaublich. Andere lustige Filme (oder: die am beunruhigendsten lustigen Filme ) fanden sich in der Filmmuseum-Retro "The Unquiet American", die um 35 Prozent mehr Zuschauer erreichen konnte als im Vorjahr.

Das beste Lied zum Mitweinen ertönte in "To Die Like A Man", dem allerallerbewegendsten Film der Viennale von João Pedro Rodrigues: das Leben von alternden Dragqueens in Lissabon, eine Hochzeit auf einem Friedhof und Bäume, die höher sind als Häuser. Ein grandioser Film über Liebe und Altwerden.

Bleibt noch der beste Elefant des Festivals: in einer Doku, die sich als Geheimtipp herumsprach. Swetlana Geier, legendäre Dostojewski-Übersetzerin, philosophiert in "Die Frau mit den 5 Elefanten" beim Bügeln. Während sich der beste Zombie durch George Romeros "Survival of the Dead" beißt: Ein beklemmender Film über den Krieg und der Gnadenlosigkeit der Menschen (nicht der Zombies).
Finale: Preise für Hausner & Kerekes
Erstmals verliehen Der Wiener Filmpreis, der in den Kategorien österreichischer Spiel- und Dokumentarfilm verliehen wird und mit je 14.000 Euro dotiert ist, geht an Jessica Hausners Pilgerfilm "Lourdes" sowie an Peter Kerekes für
seine Doku "Cooking History" über einen Armeekoch. Der FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritik geht an den chinesischen Film "Survival Song" von Yu Guangyi.

Besucherzuwachs 124 Vorstellungen der Viennale waren ausverkauft, die Gesamtauslastung des Festivals stieg von 76,80% Im Jahr 2008 auf 79,60%. In absoluten Zahlen heißt das: Rund 94.800 Besucher strömten in die Festival-Kinos Gartenbau, Metro, Künstlerhaus, Urania und Stadtkino.



Nachgefragt "Das hat mir schon ein bisschen wehgetan"
Hans Hurch mit Filmstar Tilda Swinton.Hans Hurch, dessen Vertrag als Viennale-Direktor für weitere drei Jahre verlängert wurde, zieht im KURIER-Gespräch nach 13 Tagen und 300Filmen Bilanz.

KURIER: Sind Sie müde ?
Hans Hurch: Nein, heute bin ich sogar ausgeschlafen und zufrieden. Wir haben mehr Zuschauer als im letzten Jahr. Es war merkbar, dass Tilda Swinton und Jane Birkin am Anfang des Festival noch Zuschauer zur Viennale gebracht haben, die sonst kein klassisches Publikum sind.

Wie kam es zum Kartenchaos am Anfang?
Das hat uns geschockt. Die Viennale ist zuschauermäßig schneller gewachsen als ihre technische Infrastruktur. Deshalb müssen wir als Nächstes in den Online-Bereich und die Internetbestellung investieren.

Die historischen Programme wie Lino Brocka waren nicht so gut besucht ...
Ja, das hat mir schon ein bisschen wehgetan . Das war mein Lieblingstribute heuer. Aber vielleicht kann die Viennale Anstoß sein, dass Brocka mehr gezeigt wird.

Vielleicht ist das eine Folge des Eventcharakters der Viennale?
Ja, der Eventcharakter bringt zwar Leute zu Filmen, in die sie nicht gehen würden. Aber es verdeckt andere Filme, vielleicht sogar die ungewöhnlichsten.

Wie geht es jetzt weiter?
Mit dem Gartenbaukino. Es ist hartes Brot, im Alltag ein Kino zu füllen. Die Viennale ist dagegen der Geburtstagskuchen.

Artikel vom 04.11.2009 17:13 | Veronika Franz | Tix




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